Hier informiert die GRS in gewissen Abständen über interessante Themen "rund um's Herz".
Die Abhandlungen werden zum Teil auch in den "Kleinblittersdorfer Nachrichten" veröffentlicht.
Inhalt:
Vorhofflimmern
Herz- und Kreislaufbeschwerden bei Wetterumschwüngen
Vorhofflimmern
Vorhofflimmern: Nur jeder Zweite spürt Symptome
Herzstolpern und Herzrasen sind typische Symptome für Vorhofflimmern. Doch einige Betroffene haben auch keine Beschwerden.
Vorhofflimmern Symptome: Vorhofflimmern gilt als die häufigste Herzrhythmusstörung in Deutschland. Bei dieser Erkrankung ist das Herz völlig außer Takt. Die „flimmernden“ Vorhöfe, sind nicht mehr fähig, sich ordnungsgemäß zusammenzuziehen, es kommt zu unregelmäßigen Herzaktionen. Das Herz kann dann mit einem Puls von bis zu 160 Schlägen pro Minute rasen. Das Besondere: Keine andere Rhythmusstörung zeigt sich mit so unterschiedlichen Symptomen. Manche Betroffene versetzt der plötzliche unregelmäßige Herzschlag regelrecht in Panik. Bei anderen – Schätzungen gehen von bis zu jedem zweiten aus – tritt Vorhofflimmern ohne Beschwerden oder nur mit kaum merklichen Symptomen auf. Erfahren Sie, auf welche Warnzeichen und Symptome Sie besonders achten sollten und wie Sie Vorhofflimmern ohne Symptome erkennen können.
Vorhofflimmern: Symptome spürt nicht jeder
Die Symptome, mit denen sich Vorhofflimmern äußert, können sehr unterschiedlich sein. Sie reichen von beschwerdefreien (asymptomatischen) Verlaufsformen über ein als unangenehm empfundenes Herzstolpern bis hin zu ausgeprägten Symptomen, wie Panikzuständen. Kommt es zum anfallsartigen, plötzlichen Vorhofflimmern (paroxysmales Vorhofflimmern), nehmen Betroffene häufig einen schnellen, unregelmäßigen oder chaotischen Herzschlag wahr. Das kann sehr unangenehm sein. Andere mögliche Symptome für Vorhofflimmern sind:
Gerade jüngere Betroffene empfinden Vorhofflimmern oft als dramatisches Ereignis. Die Betroffenen spüren ein Druckgefühl im Brustkorb, es kommt ihnen so vor, also ob das Herz bis zum Hals schlägt. Patienten, die schon herzkrank sind, leiden dagegen besonders häufig unter Atemnot, Brustschmerz und Schwindel. Denn ihr schon angeschlagenes Herz kann die Herzrhythmusstörung schlechter vertragen. Warum die Beschwerden bei Vorhofflimmern individuell so unterschiedlich ausfallen, ist bis heute nicht verstanden und Gegenstand der Forschung.
Wie verlaufen die Symptome?
In der Regel tritt Vorhofflimmern zunächst in einem unerwarteten Anfall (paroxysmales Vorhofflimmern) auf. Die Herzrhythmusstörung beginnt plötzlich und hört meist innerhalb von 24 Stunden ebenso plötzlich wieder auf. Häufig zeigen sich die Symptome auch nachts im Schlaf. Bei anderen wiederum gibt es typische Auslöser für eine Vorhofflimmern-Episode, wie Stress oder zu viel Alkohol. Wenn gerade bei einem jungen Menschen ein einmaliges Ereignis einen solchen Anfall ausgelöst hat, kann es bei dieser einen Episode bleiben. Meist hat Vorhofflimmern jedoch die Eigenschaft, erneut aufzutreten und chronisch zu werden. Gerade wenn das Vorhofflimmern chronisch wird, haben die Betroffenen meist keine ausgeprägten Symptome mehr. Die Patienten merken jedoch, dass sie nicht mehr so belastbar und leistungsfähig sind.
Wann sollte ich mit Vorhofflimmern ins Krankenhaus?
Bei vielen Menschen ist das Auftreten von Herzstolpern und Herzrasen eine einmalige Angelegenheit. Dennoch erfolgt beim erstmaligen Auftreten häufig eine Einweisung, um rasch die nötigen Herzuntersuchungen durchzuführen, im Einzelfall auch, um einen Herzinfarkt oder eine Lungenembolie auszuschließen. Ist das Vorhofflimmern bekannt und die Symptome erträglich, ist auch eine bis zu 48-stündige „Wait and Watch“-Periode vertretbar. Danach sollte dennoch zur weiteren Kontrolle ein Hausarztbesuch erfolgen. Bei heftigen Beschwerden, die mit Brustschmerzen und Atemnot oder nach kurzzeitiger Bewusstlosigkeit verbunden sind, oder Beschwerden, die sich im Verlauf der Attacke verstärken, sollte direkt die 112 angerufen werden.
Vorhofflimmern ohne Symptome:
Mit dem Alter steigt das Risiko, Vorhofflimmern zu bekommen. Im Alter über 70 ist etwa jeder zehnte Mensch betroffen. Das Tückische: Ausgerechnet ältere Menschen haben oft keine Beschwerden. Ein asymptomatisches Vorhofflimmern wird dann oft nur durch Zufall beim Arzt entdeckt, etwa beim Pulsfühlen, Blutdruckmessen oder wenn ein EKG geschrieben worden ist – oder wenn es zu einem Schlaganfall gekommen ist. Denn die Gefahr, einen Schlaganfall zu erleiden, besteht auch, wenn man Vorhofflimmern gar nicht spürt. Die Herzstiftung empfiehlt daher Menschen ab 65 sowie Menschen mit Bluthochdruck, regelmäßig den Puls zu kontrollieren.
Puls messen bei Vorhofflimmern:
Der Puls ist bei Vorhofflimmern meist beschleunigt und unregelmäßig. Das Herz schlägt dann selbst in Ruhe oft mit über 100 Schlägen pro Minute. Normal ist am Tag ein Ruhepuls von 60 bis 90 Schlägen. Das lässt sich durch eine einfache Messung am Handgelenk oder mit einem Blutdruckmessgerät überprüfen. Setzen Sie sich dazu 5 Minuten ruhig hin und ertasten Sie Ihren Puls am Handgelenk: Legen Sie dazu den Zeige- und Mittelfinger auf die Innenseite des Handgelenks und suchen Sie die Unterarmarterie. Messen Sie den Puls 30 Sekunden lang und verdoppeln Sie anschließend das Ergebnis.
Merke: Auch ohne Symptome sollten ältere Menschen regelmäßig ihren Puls kontrollieren, insbesondere, wenn sie an Bluthochdruck leiden. Auffällige Werte sollten sie ärztlich abklären lassen.
Vorhofflimmern und Kammerflimmern – ein großer Unterschied:
Vorhofflimmern ist nicht unmittelbar lebensbedrohlich, aber erhöht das Risiko, einen Schlaganfall zu bekommen. Es ist nicht zu verwechseln mit dem gefährlichen Kammerflimmern, dass immer einen Notfall darstellt. Die Symptome von Kammerflimmern entsprechen denen eines Herzstillstandes. Betroffene werden binnen Sekunden bewusstlos und können sich nicht mehr selbst helfen. Ist kein Puls mehr zu tasten – Kammerflimmern ist dafür die häufigste Ursache – sollten Außenstehende sofort den Notarzt rufen und mit der Herzdruckmassage beginnen. Unbehandelt führt Kammerflimmern zum plötzlichen Herztod. Dies tritt beim Vorhofflimmern so nicht auf.
ebenso veröffentlicht in "Kleinblittersdorfer Nachrichten" Nr. 11 / 2024
Herz- und Kreislaufbeschwerden bei Wetterumschwüngen
Einfluss des Wetters auf den Körper: Jeden trifft es anders
Heute 30 Grad, morgen Starkregen und Gewitter – extreme Wetterwechsel werden immer häufiger. Manche Menschen nehmen diese Wetterwechsel stärker wahr: Sie lösen Unwohlsein und im schlimmsten Fall sogar gesundheitliche Probleme bei ihnen aus. Dabei kann das Wetter im eigentlichen Sinn nicht krank machen. Es kann jedoch bestehende Krankheiten und Beschwerden verschlimmern.
Die Reaktion auf das Wetter hängt von den individuellen Voraussetzungen, beispielsweise dem allgemeinen Gesundheitszustand, aber auch sonstigen Belastungen wie Schlafmangel oder Stress ab. Zudem wird sie von landschaftsklimatischen, jahres- und tageszeitlichen Faktoren beeinflusst. Ein gesunder Organismus vollzieht notwendige Anpassungen bei Wetteränderung meist unbemerkt. Bei wetterempfindlichen Menschen kann der Organismus dies jedoch nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr. Davon betroffen sind meist Menschen, deren Körper vom Alter oder durch chronische Erkrankungen wie Rheuma, Asthma sowie Herz-Kreislauf-Probleme bereits geschwächt ist. Wetterumschwünge können auch Patienten mit zu hohem oder zu niedrigem Blutdruck zu schaffen machen.
„wetterfühlig“ ist nicht gleich „wetterempfindlich“
Die Wirkung des Wetters auf den menschlichen Organismus nennt man „Biotropie“. Hier wird zwischen wetterragierend, wetterfühlig und wetterempfindlich unterschieden. Wetterreagierend sind grundsätzlich alle Menschen. So ist man bei sonnigem Wetter mit angenehmen Temperaturen meistens besser gelaunt als bei Regen und Kälte. Bei Wetterfühligen wirkt sich der Wetterumschwung nicht nur auf die Stimmung aus, sondern führt auch zu körperlichen Symptomen wie Kopfdruck, Schwindel, Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten. Rund 15 - 20 % der Menschen sind richtig wetterempfindlich. Bei ihnen verstärken bestimmte Wetterlagen bestehende Erkrankungen etwa der Gelenke oder des Herz-Kreislauf-Systems. Die Hälfte von ihnen weist eine sogenannte "Vorfühligkeit" auf, das bedeutet, dass sie schon vor Umschwüngen Veränderungen spüren.
Das passiert bei Wetterlagen im Körper
Um eine optimale Organfunktion zu gewährleisten, muss die Körpertemperatur bei jedem Wetter konstant bei 37 °C gehalten werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei das vegetative Nervensystem. Es regelt lebenswichtige Funktionen wie Herzschlag, Atmung, Blutdruck und den Stoffwechsel. Je stärker die Wetteränderung, desto mehr reagiert der Körper mit Anpassungsvorgängen. Ob man diese spürt, hängt von Art und Intensität des Wettereinflusses ab. Hier ist nicht nur die Temperatur bedeutsam, sondern auch die Luftfeuchtigkeit, die Windstärke, der Luftdruck und das Sonnenlicht haben Einfluss. Besonders ausgeprägt ist die Wirkung im Übergangsbereich zwischen einem abziehenden oder sich abschwächenden Hochdruckgebiet und einem herannahenden Tief, beim Durchzug von Warm- und Kaltfronten sowie auf der Rückseite eines abziehenden Tiefdruckgebiets. Bei diesen markanten Wetterumschwüngen ändern sich nämlich auch alle meteorologischen Elemente wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck und Luftbewegung, die Bewölkung und damit der Sonnenschein sowie die Strahlungsverhältnisse.
Mögliche Wettereinflüsse auf Herz- und Kreislauf
Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen wie Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit (Verengungen der Herzkranzgefäße), Rhythmusstörungen oder Herzschwäche kann die Hitze ernsthaft zusetzen und zur großen Belastung für den bereits geschwächten Organismus werden. „Im höheren Lebensalter versteifen Blutgefäße, so dass ein ohnehin beeinträchtigter Organismus überfordert werden kann, wenn wegen Wetterveränderungen zusätzliche Regulationsleistungen erforderlich sind“, erklärt Medizin-Meteorologe Professor Dr. Andreas Matzarakis. Damit der Körper abkühlt, erweitern sich die Blutgefäße (Vasodilatation), der Blutdruck sinkt daraufhin. Mögliche Folgen können ein plötzlicher Blutdruckabfall oder Kreislaufkollaps sein. „Manchmal fällt der Blutdruck so stark ab, dass die Dosis der Blutdruckmedikamente nach Rücksprache mit dem Arzt angepasst werden muss. Vorbeugen kann man, indem man die Hitze möglichst meidet und Aktivitäten wie Sport in kühlere Phasen wie den Morgen oder den Abend verlagert“, erklärt der Hochdruckexperte Professor Dr. med. Heribert Schunkert vom Vorstand der Deutschen Herzstiftung und Direktor der Klinik für Kardiologe am Deutschen Herzzentrum München. Aber auch das Gegenteil kann laut Schunkert der Fall sein. „Wer einen zu hohen Blutdruck hat, leidet in Hitzeperioden besonders, weil extreme Hitze den Körper so unter Stress setzt, dass der Blutdruck zusätzlich steigen kann“. Auch die Gerinnungsfähigkeit und Zähflüssigkeit (Viskosität) des Blutes können sich durch Flüssigkeitsverlust (Schwitzen), bedingt durch hohe Temperaturen verändern – das Blut wird dicker und klebriger. Das Risiko für Schlaganfälle, Herzinfarkt, Venenthrombosen und Lungenembolien nimmt zu.
Auch schwülwarmes Wetter sowie Schwankungen des Luftdrucks und der Luftfeuchtigkeit erfordern Gegenregulationen des Herzens und der Blutgefäße. Die Wärme wird vom Kreislauf nur unter erheblicher Anstrengung, häufig auch nur unzureichend, aus dem Körper transportiert. Dies belastet besonders einen geschwächten Herzmuskel, aber auch das Risiko von Schlaganfällen und Herzinfarkten wird erhöht.
Ein plötzlicher Temperaturrückgang nach einer vorherigen längeren Periode mit überwiegend konstanten Temperaturen verursacht eine Verengung der Blutgefäße. Aufgrund des vermehrten Widerstands der nun eng gestellten Arterien steigt der Blutdruck, was eine Gegenregulation über die normalen Regulationen hinaus notwendig macht. Hier zeigen zum Beispiel epidemiologische Studien, dass bei Patienten mit Bluthochdruck die Beschwerden zunehmen, wenn eine Kaltfront durchzieht. Möglich Auswirkung: Folgeerkrankungen von hohem Blutdruck wie Herzinfarkt oder Schlaganfall werden wahrscheinlicher
Starke Kälte und Minustemperaturen können eine starke Verengung (Vasokonstriktion) der Blutgefäße bewirken. Das Herz muss das Blut gegen einen größeren Widerstand durch die Adern pumpen – ist es vorgeschädigt, kann das zur Überforderung und letztlich zum Herzinfarkt führen. Außerdem kann es bei geringen Temperaturen und Vasokonstriktion in den betroffenen Geweben zu einer Minderdurchblutung sowie zu einem Flüssigkeitsverlust über die Niere kommen, was ebenfalls die Zähflüssigkeit des Blutes erhöht. „Dies wiederum führt zu einer verringerten Blutströmungsgeschwindigkeit bis hin zum Blutstau in den Venen, das Risiko für Verklumpungen und die Bildung venöser Thrombosen kann ansteigen“, erklärt Prof. Matzarakis. Durch die erhöhte Viskosität ist das Fließvermögen des Blutes herabgesetzt. Das Risiko für Verklumpung und die Bildung venöser Thrombosen steigt. Für Patienten mit koronarer Herzkrankheit,Verengungen der peripheren Arterien (pAVK) oder der Venen bedeuten Wetterextreme somit ein zusätzliches Risiko für Komplikationen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Gerinnselbildung.
Positive Wettereffekte
Ein positiver Einfluss des Wetters auf die menschliche Gesundheit ist im Bereich des Hochdruckszentrums zu finden, sofern gleichzeitig keine thermische oder lufthygienische Belastung vorliegt.
Biowetter zeigt, wie sich Wetter auf Herz und Kreislauf auswirkt
Durch genauere Vorhersagen haben Betroffene die Möglichkeit, sich besser auf Wetterumschwünge einzustellen. Das Biowetter gibt einen Gefahrenindex für Wetterempfindliche und Personen mit Vorerkrankungen an und informiert, ob die Wettereinflüsse eine geringe, hohe oder keine Gefährdung auf die jeweilige Vorerkrankung darstellen. Diese Vorhersagen helfen vor allem älteren und kranken Menschen, zusätzliche Belastungen zu vermeiden und sich auf das jeweilige Wetter einzustellen.
Vorsorgende Maßnahmen treffen
Jeder, der Wetterschwankungen spürt, kann einiges dafür tun, seinen Gesundheitszustand zu stärken und einem ungünstigen Wettereinfluss entgegenzuwirken. Dazu gehören alle Methoden, die das vegetative Nervensystem, das die Regulation der Blutgefäße steuert, zu trainieren, wie:
Zusätzlich hilft eine gesunde Lebensweise mit ausreichend Bewegung, regelmäßigem Schlafrhythmus und einer ausgewogenen Ernährung, sich auch bei Wetterumschwüngen wohler zu fühlen.
Wetterempfindliche sollten Arztgespräch suchen
Für wetterempfindliche Menschen eignen sich die vorbeugenden Maßnahmen teilweise auch. Da bei ihnen allerdings bereits Grunderkrankungen vorliegen, sollten sie jedoch mit ihrem behandelnden Arzt unbedingt zuvor abklären, was sie sich bei ihrer jeweiligen Erkrankung zumuten können und welche Methoden für sie am besten sind.
Experte:
Professor Dr. Andreas Matzarakis
Leitet das Zentrum für Medizin-Meteorologische Forschung (ZMMF) des Deutschen Wetterdienstes in Freiburg
ebenso veröffentlicht in "Kleinblittersdorfer Nachrichten" Nr. 49 / 2024